Hat der Klimawandel Auswirkungen auf unsere Vogelwelt?
Das heurige Jahr hat es wieder gezeigt: Es gab fast keine Kälte im Winter, ein eher trockener Frühjahr, fast unerträgliche Hitze im Sommer, Gewitter, die so schnell daherkamen, dass man mit dem Boot zu tun hat, um das Ufer zu erreichen (persönliche Erfahrung am Hallstättersee), Stürme, Unwetterkatastrophen.
Gedanken und Erfahrungen von Ludwig Wiener
Dass wir im inneren Salzkammergut von größeren Hochwässern verschont blieben, haben wir dem Schneefall in den Bergen zu verdanken. Hangrutschungen gab es trotzdem einige. Die Welt, das Klima ist in Veränderung.
Ich will hier nicht die Ursachen analysieren, dazu sind andere berufen, aber die Auswirkungen dieser Veränderung hat auch Auswirkungen auf unsere Umwelt. Besonders interessieren mich die Auswirkungen auf unsere Vogelwelt.
Besonders interessant ist dabei natürlich die Auswirkung auf die Nahrungsgrundlage der Vögel. Für uns interessante Finkenvögel ist das Angebot von Sämereien von Interesse. Heuer war ein Blühjahr: fast kein Obstbaum, Strauch oder Waldbaum stand nicht in Vollblüte. Das bedeutet, dass die Chance auf reichlich Sämereien sehr hoch ist. Ein wärmeres Frühjahr bedeutet aber auch einen früheren Blühstart. Und Spätfröste, wie sie im April und Mai immer noch häufig auftreten, zerstören die Blüten. Besonders auffallend ist dies bei der früh blühenden frostempfindlichen Lärche, die immer seltener noch bis zur Zapfenreife kommt. Auf der anderen Seite glaubt man eine Verschlechterung der Samenqualität bemerken zu können: viele Samen vertrocknen in heißen, trockenen Sommern, Samenschädlinge vermehren sich besonders gut. Gerade Fichten produzieren in den letzten Jahren viele Zapfen. Hier kann man sich die berechtigte Frage stellen, ob dies normale Mastjahre sind oder ob es sich schon um eine „Arterhaltungsfruktifikation“ handelt, wie es häufig bei kranken und im Absterben begriffenen Bäumen vorkommt.
Verstärkt wird das veränderte Samenvorkommen durch die Umstellung der Landwirtschaft auf Silage statt Heu und von den Straßenerhaltern das Mähen der Straßenränder oft mehrere Meter in den Grünraum gerade zur Samenreife der Kräuter. Viele tausend Hektar Nahrungsfläche gehen dadurch in Österreich verloren.
Das Brut- und Strichverhalten unserer Finkenvögel ist auch in Veränderung. Einige sind schon der Meinung, auf Grund der veränderten Strichzeit die Ausstellungen um 1 Woche zu verschieben. Dies ist jedoch auch nicht die richtige Konsequenz. Denn gerade heuer sind die Strichzeiten, von meiner Beobachtung gesehen, ganz anders: Zeisige und Schnäbel zogen schon Ende August, Anfang September (vielleicht wegen des starken Wintereinbruchs Mitte September) und erst ab Mitte Oktober wieder zögerlich. Die Kreuzschnäbel stechen (balzen) schon seit Ende September, obwohl sie die heurigen Fichtenzapfen beharrlich ignorieren.
Ein interessanter Bericht wird auch von Vogelkennern aus Ostösterreich gemeldet. Robert Fafilek vom Verein für Vogelkunde und Vogelpflege Stockerau beobachtet, dass sich die Gesänge der Vögel durch den Klimawandel verändern. Wenn z.B. bei den Kohlmeisen die Jungen aus dem Nest ausfliegen, dann hören sie jetzt im Gegensatz zu früher die Altvögel nicht mehr singen, weil diese das Singen schon eingestellt haben. Die Jungvögel können aber den Gesang im nächsten Frühjahr nicht mehr so gut erlernen, wenn die alten Männchen wieder singen. Darum verschwindet durch die Klimaerwärmung zum Beispiel der reine „zizibe“-Gesang (in B. Traxler, A. Dee: „Vom Stieglitz, dem Zeiserl, dem Plattl und dem Fink“ Kirchstetten 2021).
Ja, es wird interessant und spannend, wie sich die Vogelwelt weiterentwickelt. Wir müssen weiter beobachten, lernen und Erfahrungen austauschen, um unser Kulturgut des Vogelfangs mit derselben Freude erhalten und weiter geben zu können.
Ludwig Wiener, 2024.