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Ein Schnabelfang Ende September 1888 auf der Gsprangalm im Zinkengebiet

Karl Hillbrand, Bad Aussee, erzählt uns ein überliefertes Erlebnis über den Vogelfang, wie er sich 1888 im Ausseerland zugetragen hat:

Es war Ende September 1888, als es die drei Pfannhauser, "Salindler", wie man sie hier nennt, am Wochenende zum Schnabelfang in die Natur hinaus drängte - fort auf ein, zwei Tage, dem Alltag kurze Zeit den Rücken kehrend, um im Almfrieden die Härten des damaligen Lebens ein wenig zu vergessen. Es waren dies der Heinrich Loitzl (vlg. Wes), der Johann Hillbrand (vlg. Weber Hans) und Hillbrand August (vlg. Gust´n Gust), mein Vater.

Ziel der Drei war die Stoffen- u. Tonahütte in der fast 1500m hoch gelegenen Gsprang Alm. Der Weg führte an der Rabenwand vorbei über den Sillerberg, Silleralm und die Gsprangleiten.

Schnabelfang Ende September 1888 auf der Gsprangalm im ZinkengebietNachdem sich der Mond hintertreibenden Wolken versteckte und den drei Pfannhausern ein eisiger Wind in das Gesicht blies, vielen auch schon die ersten Schneeflocken. Das bescheidene Licht, das der Kienspan bot, verlosch im einsetzenden Schneefall ganz. Der Mond kämpfte sich durch die treibenden Wolken durch und erleichterte den Dreien das letzte Stück Weg zur Alm, welche sie vor Mitternacht erreichten.

Die Foierhütten (Feuerhütte) war grad groß genug, dass drei Leut eine bescheidene Schlafstelle einrichten konnten. Man war saumüde vom Anmarsch. Zuerst versorgte man die Lockvögel mit frischem Futter und Wasser. Die Kraxen mit den Fanggeräten und Jausen wurden in die Ecke gestellt, entzündete das offene Feuer und am Dreifuß wurde das Teewasser zugestellt. Ein Haferl Tee, ein paar Bissen Brot und ein hart gekochtes Ei reichten für die Nacht.

Jeder machte zweieinhalb Stunden Feuerwach, denn die Nacht war eiskalt. Gegen vier Uhr früh ließ der Wind nach - ein Blick aus der Tür der Foierhütte hat genügt um zu wissen, dass nach dem nächtlichen Schneetreiben ein schöner Morgen aufzieht. Die Drei hatten es nun eilig. Noch im Morgengrauen wurden an der aus Lärchenbäumen gezimmerten Almhütte die Fanggeräte zum Kreuzschnabelfang verteilt und bei Tagesanbruch die Lockvögel an der Hüttenwand angebracht. Gegen halb sieben ging die Sonne über dem Grimmingkamm auf. Ein märchenhaftes Schauspiel zeigte, dass sich der mühevolle Aufstieg gelohnt hat. Tausende glitzernde Kristalle strahlten, von der Sonne beschienen, im blütenweißen Neuschnee. Die Gipfel des Toten Gebirges leuchteten in der Sonne golden und silbern.

Die Vogelfänger waren überglücklich und genossen diese Pracht mit vollen Zügen und hofften nun auf einen guten Fang. Jeder wollte ja zum Überwintern einen schönen roten Schnabel, der auch ein guter Sänger war.

Gegen sieben flogen bereits die ersten fünf Schnäbel an, aber diese ignorierten den Lockruf der Lockvögel. Doch plötzlich legten die Lockvögel wieder los, die verschiedenen Lockrufe kündigten einen Anflug mehrerer Schnäbel an. Ein Schnabel flog einen Baumwipfel an. Es war ein Wista mit hoher Stimme. Der Weber Hans setzt das Spektiv ans Auge und sagt: "Mana, des is a Traumvogel - a Rot hot a wia a schena Gimpl." Doch der Schönling macht es den Dreien nicht leicht, fast eine Stunde führte er am Baumwipfel seine Gsangl´n vor, bevor er die Richt an der Hütten anflog - plötzlich ein Aufschrei der Pfannhazuser - sie haben ihn gefangen!

Wer ihn für den Winter bekommen soll, entschied das Los. Von den drei verschieden lange Zündhölzer zog der Wesn Heinerl das längste. 

Schnabelfang Ende September 1888 auf der Gsprangalm im Zinkengebiet  "Mona" sagt er, "i hon mit dem Vogl so a Freid, dafür mach i enk hiazt Jagaspotzn." Es gab dabei allerdings ein Missgeschick. Der Heinerl hat seiner Kathi ihr Schmierseifen anstatt des Schmalzes mitgenommen! Nach einer halben Stund hörte man in der 50m vom Fangplatz entfernten Foierhütte von Tonabauern ein Schnalzen und Krachen. Plötzlich ging mit einem Ruck die Tür der Hütte auf - der Heinerl erschien, Tränen aus den Augen wischend und hustend, im Freien. Der Weber Hans rannte, nichts Gutes ahnend, zur Hütte. Am Dreifuß der Feuerstatt stand die Eisenpfann mit den Spatzen, der Deckel hüpfte schnalzend in die Höhe und Seifenblasen quollen aus der Pfanne ins Feuer. Der Hans packte die Pfanne, rannte zur Tür hinaus uns schleuderte den schäumenden Inhalt unter den Brunntrog.

Zuletzt nahm der Schnabelfang dennoch ein gutes Ende. Jeder der Drei konnte für den Winter einen roten Schnabel mit heimnehmen. Viele Jahre erzählte man noch am Stammtisch mit Gelächter von den Seifenspotzn auf der Gsprangalm - und natürlich von dem Wunderschnabel des Heinerl.